Seit dem Jahr 2008 setzt das Netzwerk Straffälligenhilfe in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit örtlich ansässigen justiznahen Vereinen flächendeckend das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ um.
Ziel des Projekts ist die Vermeidung von Haftstrafen durch gemeinnütziges Arbeiten in sozialen, kirchlichen und kommunalen Einrichtungen.
Der Ravensburger Jugendhilfeverein e.V. (im weiteren Verlauf RJV genannt) - unterstützt seine Klienten und Klientinnen - die ihren Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Ravensburg haben - dabei, eine geeignete Einsatzstelle zu finden, damit die gemeinnützigen Arbeitsstunden möglichst schnell und unkompliziert abgearbeitet werden können.
Neben der Vermittlung der gemeinnützigen Arbeit gehört auch die Überwachung der Ableistung, sowie die beratende Unterstützung der Klienten und Klientinnen in sozialen und rechtlichen Themen zu den Aufgaben des RJV.
Ebenfalls fungiert der RJV als Ansprechpartner für die etwa 400 sozialen und kommunalen Einrichtungen im Landgerichtsbezirk Ravensburg, die durch ihr soziales Engagement straffällig gewordenen Menschen die Chance zur Ableistung der gemeinnützigen Arbeit bieten.
Eine enge Zusammenarbeit mit den beauftragenden Institutionen Bewährungs- und Gerichtshilfe, Staatsanwaltschaften und Gerichten ermöglicht eine maßgeschneiderte sozialpädagogische Fallbearbeitung und erfolgreiche Fallabschlüsse.
AUFSUCHENDE SOZIALARBEIT
Nach zwei Jahren Pilotphase wird dieses Projekt nun
flächendeckend in Baden-Württemberg ins Angebot des Projekts „Schwitzen statt Sitzen“ aufgenommen. Ziel ist es, Betroffene, die trotz drohender Inhaftierung auf Kontaktversuche nicht reagieren, am Wohnort aufzusuchen. Im persönlichen Kontakt vor Ort kann geklärt werden, welche Gründe die Ableistung der Gemeinnützigen Arbeit oder die Tilgung der Geldstrafe behindern. Oftmals können einfache Lösungen gefunden werden, die eine Inhaftierung vermeiden.
TREUHÄNDERISCHE GELDVERWALTUNG
Seit 2023 bietet dieses Projekt Klient:innen einen zusätzlichen, niederschwelligen Weg zur Verhinderung ihrer Ersatzfreiheitsstrafe. Die finanziellen Möglichkeiten der Klient:innen werden genau geprüft und daraufhin Raten in realistischer Höhe ermittelt. Die Umsetzung der Ratenzahlung wird zudem engmaschig begleitet. Das bietet auch Klient:innen in besonders schwierigen Lebenslagen die Chance, die drohende Inhaftierung abzuwenden.
Sollte der Fall eintreten, dass gemeinnützige Arbeit als gerichtliche Weisung ausgesprochen wird oder als alternative Tilgungsmöglichkeit bei einer Geldstrafe in Betracht kommt, empfehlen wir die Kontaktaufnahme mit dem Ravensburger Jugendhilfeverein e.V.
Sobald die Bewährungsauflage oder die Tilgungsform gemeinnützige Arbeit -auch bekannt als „Sozialstunden“ - gewährt wurde, geht dem Ravensburger Jugendhilfeverein e.V. als Vermittlungsstelle eine Benachrichtigung zu. Innerhalb von vier Wochen laden wir Sie zu einem Vermittlungsgespräch in unsere Sprechstunde nach Weingarten, Riedlingen oder Biberach ein, um das weitere Vorgehen und offene Fragen zu klären. Sollten Sie vorab bereits dringende Fragen haben, können Sie sich gern mit uns in Verbindung setzen.
Die Entscheidung, ob eine Umwandlung genehmigt wird obliegt der zuständigen Justizbehörde. In vielen Fällen kann bei Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft ein entsprechender Antrag gestellt werden. Die Anzahl der Stunden, die geleistet werden müssten ist abhängig von der Anzahl der verurteilten Tagessätze. In Baden-Württemberg wird ein Tagessatz mit 4 Stunden gleichgesetzt, in Bayern mit 6 Stunden.
Generell gilt: Das Gerichtsurteil ist bindend und die Strafe muss getilgt werden. Wenn die Ableistung durch gemeinnützige Arbeit nicht möglich ist, kann die Umwandlung in eine Geldstrafe, die dann gegebenenfalls in Raten bezahlt werden kann, eine Möglichkeit sein. Sollte auch eine Geldstrafe nicht umsetzbar sein, können weitere individuelle Lösungswege gesucht werden. Zur Klärung nehmen Sie bitte Kontakt zum RJV auf.
Ja, das ist möglich. Die Umwandlung muss von Ihnen jedoch triftig begründet werden und von der zuständigen Justizbehörde genehmigt werden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Stellung eines Umwandlungsantrags.
Wie viel Zeit zur Verfügung steht ist unterschiedlich. Falls eine Frist festgesetzt wurde, steht diese i.d.R. im Gerichtsurteil. Aber auch ohne Frist, empfiehlt es sich die Ableistung zeitnah anzugehen. Wenigstens eine umgehende Kontaktaufnahme zur näheren Klärung mit dem RJV wird empfohlen.
Nein, der RJV ist lediglich die Vermittlungsstelle. Als Einsatzstelle bietet sich in den meisten Fällen eine Einrichtung an, die sich in der Nähe Ihres Wohnorts befindet. Eine Klärung, wo genau die Stunden zu leisten sind, erfolgt in Absprache mit dem RJV.
Grundsätzlich versuchen wir, Ihre Wünsche und Bedürfnisse bei der Auswahl der Einsatzstelle zu berücksichtigen. Besonders die örtliche Auswahl und die tägliche Ableistungszeit sollen Ihren Möglichkeiten angepasst werden. Gern können Sie auch selbst eine Einsatzstelle vorschlagen - der gemeinnützige Charakter ist vorrangig. Außerdem muss beachtet werden, dass auch manche Einsatzstellen Ausschlusskriterien bezüglich der Straftaten haben.
Unser Ziel bei der Vermittlung ist es, die passende Klienten oder die passende Klientin für die jeweilige Einsatzstelle zu finden.
Wenn dies gelingt, stellen die straffällig gewordenen Menschen durch die Ableistung ihrer gemeinnützigen Arbeit einen Mehrwert für die Einsatzstelle dar. Durch die Bereitschaft der Einrichtung soziale Verantwortung für unsere Gesellschaft mitzutragen, entsteht auf lange Sicht ein Gewinn für alle Seiten.
Der Ravensburger Jugendhilfeverein berät und begleitet die Einsatzstellen über die gesamte Dauer des Einsatzes. Seit 2007 konnten wir auf diesem Weg im Landgerichtsbezirk bereits über 400 Einrichtungen dafür gewinnen, hin und wieder oder ganz regelmäßig unsere Klienten oder Klientinnen zu beschäftigen.
Der Aufwand für die Einsatzstelle sollte so gering wie möglich sein und den Nutzen nicht übersteigen. Für einen erfolgreichen Einsatz, sollten Sie als Einsatzstelle:
1. Ein Vorstellungsgespräch mit dem Klienten oder der Klientin führen, um zu entscheiden, ob ein Einsatz möglich ist.
2. Klare Terminabsprachen treffen
3. Die Dokumentation der geleisteten Stunden gewährleisten
4. Dem RJV etwa 1x im Monat eine Rückmeldung über den Fortschritt des Einsatzes geben und
5. Schließlich die insgesamt abgeleistete Stundenanzahl bescheinigen.
Sollte ein Einsatz nicht zu Ihrer Zufriedenheit verlaufen, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Die Beendigung des Einsatzes kann eine Option sein, eine vorausgehende Androhung der Beendigung oder eine erneute Kontaktaufnahme unsererseits führen häufig zu gewünschten Verhaltensänderungen. Schlussendlich liegt es im Ermessen der Einsatzstelle, ob ein Einsatz weitergeführt werden kann, oder nicht.
Sollten Sie als Einsatzstelle sich dazu entscheiden, einen vermittelten Klienten/Klientin nicht weiter beschäftigen zu wollen oder zu können, darf der Einsatz jederzeit abgebrochen werden. Dem straffällig gewordenen Menschen entstehen dadurch nicht automatisch Nachteile. Gründe dafür können vielfältig sein, müssen aber nicht angegeben werden. Bitte informieren Sie uns über die Beendigung.
Für die Einrichtungen entstehen keinerlei Kosten. Sämtliche Arbeiten müssen vom vermittelten Klienten/Klientin unentgeltlich erledigt werden. Sollte die Finanzierung von spezieller Arbeitskleidung oder Fahrtkosten nötig sein, so kann beim RJV ein Antrag gestellt werden.
Alle Klienten sind bei der Unfallkasse Baden-Württemberg versichert. Im Falle eines Arbeits- oder Wegeunfalls greift die gesetzliche Unfallversicherung. Kosten oder größerer bürokratischer Aufwand kommen nicht auf Sie als Einsatzstellen zu. Sollte ein solcher Unfall passieren, genügt zunächst eine mündliche oder schriftliche Mitteilung an den Jugendhilfeverein. Haftpflichtschäden sind über die einrichtungsinterne Betriebshaftlicht abgedeckt. Auch hier entstehen keine Mehrkosten für Sie.
Als Einsatzstelle gelten in erster Linie alle gemeinnützigen, kirchlichen oder kommunalen Einrichtungen. Ob Ihre Einrichtung als Einsatzstelle infrage kommt, klärt sich am besten im persönlichen Kontakt.